15. November 2017

Berücksichtigung eines betrieblichen Ruhegeldes bei der Bemessung der GKV (BSG-Urteil vom 20.7.2017 – B 12 KR 12/15 R)

Versorgungsbezüge – und somit auch Leistungen der bAV – unterliegen der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Inwieweit es sich bei einer Leistung, die ein Arbeitnehmer nach seinem Dienstaustritt von seinem früheren Arbeitgeber erhält, um einen Versorgungsbezug im Sinne des Sozialgesetzbuches handelt, ist nicht selten umstritten. Mit dieser Frage hatte sich das Bundessozialgericht (BSG) jüngst erneut zu befassen.

 

Eine Rentenleistung, die im 55. Lebensjahr beginnt...

In dem betreffenden Fall war das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers im Alter von 55 Jahren durch einen Aufhebungsvertrag zur Vermeidung einer arbeitgeberseitigen Kündigung beendet worden. Der Aufhebungsvertrag sah unter anderem vor, dass wenige Monate nach dem Ausscheiden eine lebenslange monatliche Betriebsrente einsetzte. Von dieser Leistung erlangte die Krankenkasse erst Kenntnis, als der Arbeitnehmer nach Erreichen des 65. Lebensjahres Altersrente bezog. Sie vertrat die Auffassung, dass die Leistung von Beginn an als Versorgungsbezug in dem oben angegebenen Sinne einzuordnen war. Für die Vergangenheit forderte die Kasse daher vom Arbeitnehmer GKV-Beiträge nach. In den Vorinstanzen hatte die Krankenkasse mit ihrer Auffassung – bezogen auf den nicht ohnehin verjährten Teil der Forderungen – Erfolg.     

... hat zunächst nicht den Charakter einer bAV

Das BSG vertritt hingegen eine andere Auffassung. Für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer Leistung sei nicht weiter relevant, ob diese als „Betriebsrente“ oder „Ruhegeld“ bezeichnet würde. Ihr Charakter ergäbe sich vielmehr aus ihrem objektiven Zweck. Bei einer bereits im Alter von 55 Jahren einsetzenden Leistung bestünde der Zweck nach Einschätzung des Gerichts unzweifelhaft in einer „Überbrückungsfunktion“. Eine entsprechende Zahlung des Arbeitgebers, etwa zur Überbrückung von Arbeitslosigkeit oder als Abfindung für den verlorenen Arbeitsplatz, dürfte somit nicht als Versorgungsbezug in dem oben angegebenen Sinne einzuordnen sein. Insbesondere fehle es zunächst an dem Charakter einer bAV. Die Leistung erwerbe im vorliegenden Fall – so das BSG – erst mit Inanspruchnahme der Altersrente den Charakter eines Versorgungsbezugs. Erst dann sei die Rente beitragspflichtig in der GKV. 

Fazit:

Das BSG bekräftigt damit seine Rechtsprechung, dass Leistungen, die eine Überbrückungsfunktion haben, keinen Versorgungsbezug darstellen und damit nicht der Beitragspflicht in der GKV unterliegen. Diese Auffassung hatte das Gericht im Hinblick auf befristete Leistungen bereits zuvor vertreten (vergleiche unter anderem BSG-Urteil vom 29.7.2015 – B 12 KR 4/14). Diese Rechtsprechung wird durch das vorliegende Urteil nunmehr für lebenslange Leistungen sachgerecht fortentwickelt. Bei diesen ist also hinsichtlich der Beitragspflicht zwischen dem Zeitraum, in dem Rentenraten bis zur Inanspruchnahme der Altersrente geleistet werden, und dem folgenden Zeitraum zu unterscheiden.

 

Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern, Longial