16. März 2018

Baukasten BRSG - Umfrage der Longial zu den bAV-Schwerpunkten 2018

Wie ein roter Faden zieht sich das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) durch die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Pensionsberaters Longial auf der 19. Handelsblatt-Jahrestagung. Nach den Diskussionen um das Gesetz im letzten Jahr sehen die Teilnehmer für 2018 die Auswirkungen für die Praxis im Vordergrund. Das BRSG dient dabei als Baukasten, um die bAV bei den Arbeitnehmern stärker zu positionieren. Die Umfrage zeigt: Der Rahmen ist gesetzt, jetzt geht es an die Umsetzung.

 

Auf dem Weg zu einer besseren Verbreitung der bAV

Für die Teilnehmer der 19. Handelsblatt Jahrestagung Betriebliche Altersversorgung 2018 vom 12. bis 14. März in Berlin steht fest: „Das BRSG bietet gute Rahmenbedingungen, jetzt beginnt die eigentliche Arbeit“, kommentiert Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial. Die Vorteile der Neuerungen müssen insbesondere den kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) sowie deren Arbeitnehmern nahegebracht werden. Daneben gibt es noch offene Baustellen. Das spiegeln auch die Umfrageergebnisse unter den mehr als 350 Konferenzteilnehmern wider. Denn trotz der positiven Resonanz auf das neue Gesetz sehen 54 Prozent weiterhin die Doppelverbeitragung von Beiträgen und Leistungen als eine der großen bAV-Baustellen. Nur bei einem konsequenten Abbau der Doppelverbeitragung bestehe eine Chance, dass die bAV im Allgemeinen sowie bei KMU und Geringverdienern im Besonderen gestärkt wird. 20 Prozent blicken zudem gespannt nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht, welches zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des steuerlich vorgegebenen Abzinsungszinssatzes von 6 Prozent bei Pensionsrückstellungen (§ 6a Einkommensteuergesetz) angerufen wurde: Sie erhoffen sich eine Anpassung des Rechnungszinses an die Marktgegebenheiten – und da der Gesetzgeber dies bislang ignoriert, wird auf die Verfassungsrichter gesetzt. Für Rechtssicherheit bei Optionsmodellen plädieren 17 Prozent der Teilnehmer.

Gebündeltes Know-how – geteilte Risiken: Lösungen für das Sozialpartnermodell

Kernstück des BRSG ist das Sozialpartnermodell: Zwar sind hierfür in den letzten Wochen erste Lösungen vorgestellt worden. „Dennoch herrscht bei den Beteiligten weiter Gesprächsbedarf über die konkrete Umsetzung“, ergänzt der Longial Experte. Mehr als die Hälfte der befragten Teilnehmer legen grundsätzlich Wert darauf, dass die Sozialpartner zunächst sogenannte Leitplanken, zum Beispiel Mindestanforderungen an Produkte, definieren. Bei der konkreten Form eines Modells liegen Konsortiallösungen von etablierten Anbietern mit knapp einem Fünftel vorne. Knapp 90 Prozent sehen hier den Vorteil, dass Know-how gebündelt wird, kostengünstige Lösungen entstehen und sich verschiedene Risiken wie etwa bei Ausfall und Kapitalanlage auf mehrere Anbieter verteilen.

15 Prozent pauschal: Verpflichtende Weitergabe der SV-Ersparnis

Eine weitere Auswirkung des BRSG: Arbeitgeber müssen die im Rahmen der Entgeltumwandlung ersparten Sozialversicherungsbeiträge weitergeben. Sie können diesen Zuschuss exakt aus der individuellen Ersparnis errechnen oder einen pauschalen Betrag in Höhe von 15 Prozent der gezahlten Beiträge gewähren. „Die große Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass der Zuschuss pauschal berechnet wird. Das war bei der Komplexität einer individuellen Berechnung auch zu erwarten“, kommentiert Michael Hoppstädter. Nur 18 Prozent erwarten, dass die Arbeitgeber den Aufwand der exakten Berechnung auf sich nehmen.

(K)eine Renaissance der Riester-Förderung?

Mit dem BRSG wurde die Sozialversicherungspflicht auf Leistungen aus Riester-bAV-Verträgen abgeschafft. Die Konferenzteilnehmer sind sich hier jedoch nicht einig, ob dies zu einem Schub bei Riester-bAV-Abschlüssen führt: 48 Prozent rechnen nicht mit einer Steigerung, 39 Prozent dagegen schon.

„Wehret den Anfängen“: Europäische Bestrebungen rund um die bAV

Neben den nationalen Bestrebungen, mit dem BRSG die Verbreitung der bAV zu fördern, gibt es auch auf europäischer Ebene vergleichbare Bemühungen zur Altersvorsorge insgesamt. Mit dem europaweiten Altersvorsorgeprodukt PEPP („Pan European Personal Pension Product“) sorgt die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA („European Insurance and Occupational Pensions Authority“) für Diskussion. Mehr als 60 Prozent der Befragten sieht deren Aufgabe jedoch darin, sich auf Aufsicht und Regulierung zu konzentrieren. „Diese klare Absage überrascht nicht, denn die Branche in Deutschland kommentiert die Initiative der EIOPA seit einiger Zeit sehr kritisch. Allerdings kann PEPP für Mitgliedsstaaten, die nicht über einen etablierten und entwickelten Markt für Altersvorsorge verfügen, durchaus eine sinnvolle Lösung sein und die Mobilität von Arbeitnehmern innerhalb der EU fördern“, so der Longial Geschäftsführer. Dass sehen auch rund 30 Prozent der Konferenzteilnehmer so.

Noch mehr Eigenverantwortung: Potenzial für „pure DC“?

Mit der reinen Beitragszusage – Defined Contribution (DC) – und dem damit verbundenen regulatorischen Rahmen wird teilweise auch von der „DC German style“ gesprochen. Der nächste logische Schritt könnte eine „pure DC“ sein – analog beispielsweise zur Schweiz: Der Versorgungsanwärter bekommt mehr Anlagemöglichkeiten geboten, zugleich wird ihm mehr Eigenverantwortung abverlangt. „Die Unsicherheit, wie weit die deutsche Versorgungslandschaft hier zu gehen bereit ist, zeigt sich in den Umfrageergebnissen“, kommentiert Michael Hoppstädter: „Es herrscht ein Patt: 41 Prozent würden diese Entwicklung befürworten, 40 Prozent lehnen sie ab.“

Bausteine des BRSG jetzt nutzen

Die Umsetzung des Sozialpartnermodells erfordert noch Zeit und Geduld von allen Beteiligten. „Doch darauf muss man nicht zwingend warten. Gerade für KMU und Geringverdiener bietet das BRSG attraktive Werkzeuge. Die können und sollen auch ohne Sozialpartnermodelle bereits jetzt zum Aufbau einer starken Betriebsrente genutzt werden“, fasst der Longial Geschäftsführer zusammen.