17. Mai 2017

Keine Witwenrente für „jetzige“ Ehefrau (BAG-Urteil vom 21.2.2017 – 3 AZR 297/15)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte im vorliegenden Fall über folgende Konstellation zu entscheiden: Der Kläger erhielt zum 1.7.1983 von seiner Arbeitgeberin eine Versorgungszusage. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger verheiratet. In der Vereinbarung für die Versorgung war festgelegt, dass die „jetzige“ Ehefrau des Klägers eine lebenslängliche Witwenrente erhalten soll, wenn die Ehe nicht geschieden wird. Die Scheidung der Ehe erfolgte 2004 nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Betrieb. 2006 heiratete er ein zweites Mal.

Jetzt begehrt er festzustellen, dass der Ehefrau, mit der er zum Zeitpunkt seines Ablebens verheiratet ist, eine Witwenrente zusteht.

Das Gericht stellt zur Begründung auf die rechtlichen Grenzen der §§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ab.

Das Versorgungsversprechen aus dem Jahr 1983 unterfällt dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB); auch wenn die AGB-Kontrolle für Arbeitsverhältnisse gesetzlich erst zum 1.1.2002 eingeführt wurde.

Auch geht die Formulierung der Zusage von einer Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen aus: Der Kläger musste lediglich Datum und seine Unterschrift einfügen.

 

Klausel „jetzige“ Ehefrau unwirksam
Jedoch benachteiligt sie den Kläger unangemessen, da sie den Personenkreis derer, die in einem abgrenzbaren Näheverhältnis zum Versorgungsberechtigten stehen, ungerechtfertigt einschränkt. Eine Einschränkung auf die „jetzige“ Ehefrau ist unwirksam und muss gestrichen werden.

 

Jedoch ergänzende Vertragsauslegung
Der verbleibende Vertragsinhalt muss jedoch ergänzend ausgelegt werden, dahingehend, dass der Arbeitgeber keiner unzumutbaren Härte ausgesetzt wird (§ 306 Abs. 3 BGB). Folglich erhält nur die Ehefrau eines Versorgungsberechtigten eine Hinterbliebenenleistung, deren Ehe bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses begründet wurde.

Da es 1983 diese Regelungen für Arbeitsverhältnisse noch nicht gab, die Arbeitgeberin jedoch nach damaliger Rechtslage keine offensichtlich unwirksame Formulierung für ihre Zusage wählte, ist auch im vorliegenden Fall eine ergänzende Vertragsauslegung nach oben beschriebenem Muster möglich.

Jedoch heiratete der Kläger im vorliegenden Fall erst nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut, sodass nach der Rechtsprechung des BAG (vergleiche BAG-Urteil vom 15.10.2013 – 3 AZR 653/11) kein Anspruch auf Witwenrente besteht. Nach der vorgenannten Rechtsprechung ist dies auch mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vereinbar.

 

Fazit: 
Eine Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung ist laut BAG nur in eingeschränktem Rahmen möglich. Die Grenzen lotet das BAG neu aus. Wir helfen Ihnen gerne bei der Überprüfung von Formulierungen.

 

Vanessa Angel, Syndikusrechtsanwältin, Recht | Steuern, Longial