02. Dezember 2020

Externe Teilung: Handlungsempfehlungen aus BVerfG-Urteil & Referentenentwurf des BMJV (BVerfG-Urteil vom 26.5.2020 – 1 BvL 5/18)

Der Versorgungsausgleich ist ins Blickfeld des BVerfG gekommen – genauer gesagt die externe Teilung bei Anrechten aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse. Dazu kommt ein Referentenentwurf des BMJV. Was bedeutet das in der Praxis?


Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich mit dem Versorgungsausgleich befasst. Schwerpunkt dabei: Die externe Teilung gemäß § 17 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG), welche für Anrechte aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse bis zum genannten Grenzwert möglich ist (2020: Kapitalwert in Höhe von 82.800 Euro). Der Versorgungsträger darf danach einseitig bestimmen, dass für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bei einem anderen Zielversorgungsträger, beispielsweise der Versorgungsaugleichkasse oder einem privaten Riester-Vertrag, eine Versorgungsleistung eingerichtet werden muss. Damit kann der Versorgungsträger, also Arbeitgeber oder Unterstützungskasse, verhindern, dass er infolge einer Scheidung eine zusätzliche Person versorgen und damit auch verwalten muss.

Gültigkeit von Versorgungsgrundlagen
Begründet die ausgleichsberechtigte Person ihre Versorgung jedoch bei einem anderen Zielversorgungsträger, gelten dessen Rahmenbedingungen, mit denen die Versorgungsleistung errechnet werden (zum Beispiel der zugrunde gelegte Höchstrechnungszins). Diese weichen in der Regel von denen des Versorgungsträgers der ausgleichspflichtigen Person ab. Infolgedessen ergibt sich zwangsläufig eine Leistung, die von derjenigen abweicht, die sich ergeben hätte, wenn die Versorgung beim Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person begründet worden wäre.

Urteil des BVerfG
Zu dieser Problematik hat sich das BVerfG in seinem Urteil geäußert: Sollte sich durch den Transfer der Versorgung auf einen anderen, externen Versorgungsträger eine übermäßige Leistungsminderung zu der beim ursprünglichen Versorgungsträger prognostizierten Leistung ergeben, muss das Gericht regulierend eingreifen. Das Gericht akzeptiert die vom Versorgungsträger bestimmte externe Teilung mit dessen vorgeschlagenem Ausgleichswert, wenn die vom BVerfG aufgeführten Zielversorgungsträger (gewählter Zielversorgungsträger, Versorgungsausgleichskasse, Gesetzliche Rentenversicherung) eine Leistung zusagen, die höchsten 10 Prozent von der vom Versorgungsträger prognostizierten abweicht.

Entscheidung des Versorgungsträgers
Weicht bei den aufgeführten Zielversorgungsträgern die Versorgung um mehr als 10 Prozent ab, dann muss das Gericht den vom Versorgungsträger vorgeschlagenen Ausgleichswert entsprechend anpassen und einen erhöhten Ausgleichswert verbindlich festsetzen. In dieser Konstellation muss der Versorgungsträger entscheiden: Will er den ausschließlich von ihm zu tragenden Mehraufwand, der infolge der Erhöhung des Ausgleichswerts entstanden ist, leisten, damit er keine weitere Person in seinem Bestand führen muss? Oder möchte er doch eine interne Teilung durchführen und das Anrecht für die ausgleichsberechtigte Person soll bei ihm begründet werden?

Der Gesetzgeber wird aktiv
Doch nicht nur die Rechtsprechung nimmt Einfluss auf den Prozess bei der externen Teilung. Auch der Gesetzgeber hat im September 2020 angekündigt, das geltende Versorgungsausgleichsrecht neu zu begutachten. Darüber hinaus hat er bereits konkreten Handlungsbedarf festgestellt, unter anderem bei der externen Teilung gemäß §§ 14, 17 VersAusglG. Der vorgelegte Referentenentwurf beabsichtigt, dass ein Versorgungsträger nach §§ 14, 17 VersAusglG eine externe Teilung nur dann verlangen kann, wenn alle bei einem Versorgungsträger bestehenden Anrechte zusammengezählt den jeweilig bestehenden Grenzwert nicht überschreiten. Bisher wird jedes Anrecht separat betrachtet. Bei einer entsprechenden Umsetzung des Entwurfs wäre der Versorgungsträger immer häufiger gezwungen, eine interne Teilung durchzuführen.

i Was ist zu tun?

Der vom BVerfG vorgegebene Prozess ist aufwendig und wirft in vielen Details Fragen auf:
  • Muss oder sollte ein Versorgungsträger – zusätzlich zu den auf dem Auskunftsbogen V31 angefragten Werten – Auskunft darüber geben, wie hoch eine Leistung für die ausgleichsberechtigte Person wäre, wenn intern geteilt würde?
  • Vergleicht das Gericht wirklich alle vom BVerfG genannten Zielversorgungsträger oder beschränkt es sich bei seinem Vergleich auf einen?
  • Was passiert, wenn bei den Zielversorgungsträgern als Leistung eine Rente vorgesehen ist, das zu teilende Anrecht jedoch eine Kapitalleistung vorsieht?
Sollte das Gericht tatsächlich einen erhöhten Ausgleichswert festsetzen: Ab welchem erhöhten Ausgleichswert ist eine externe Teilung gegenüber einer internen Teilung für den Versorgungsträger kostenintensiver und damit eine interne Teilung zu bevorzugen? Diese Fragen stellen sich den Versorgungsträgern.


Vanessa Angel, Syndikusrechtsanwältin, Recht | Steuern, Longial